Wie wird Schaumwein und Sekt hergestellt?
Das charakteristische Prickeln von Schaumwein entsteht durch Kohlensäure, die während einer zweiten Gärung natürlich gebildet wird. Die Art dieser Zweitgärung und die anschließende Behandlung bestimmen die Qualität und den Stil des fertigen Schaumweins - von einfachem Prosecco bis zum prestigeträchtigen Champagner.
Der Grundwein - Die Basis für Qualität
Jeder Schaumwein beginnt als stiller Wein, der sogenannte Grundwein. Für die Schaumweinproduktion werden Trauben früher geerntet als für Stillweine, um einen höheren Säuregehalt zu bewahren. Diese lebendige Säure ist essenziell für einen frischen, belebenden Schaumwein.
Der Grundwein wird zunächst wie ein normaler Weißwein bereitet: Die Trauben werden gepresst, der Most wird geklärt und vergoren. Nach der ersten Gärung ist der Wein trocken, säurebetont und hat einen relativ niedrigen Alkoholgehalt von etwa 10-11%. Dieser unauffällige Grundwein ist die perfekte Leinwand für die Schaumweinbereitung.
Die Kunst der Assemblage
Bei hochwertigen Schaumweinen, besonders Champagner, spielt die Assemblage eine zentrale Rolle. Der Kellermeister mischt Grundweine verschiedener Rebsorten, Jahrgänge und Lagen zu einer harmonischen Cuvée. Große Champagnerhäuser verwenden bis zu 100 verschiedene Grundweine für ihre Non-Vintage-Cuvées, um Jahr für Jahr einen konsistenten Hausstil zu gewährleisten.
Die Methoden der Schaumweinherstellung
1. Traditionelle Flaschengärung (Méthode Traditionnelle)
Die traditionelle Flaschengärung, auch Méthode Champenoise genannt (diese Bezeichnung ist jedoch Champagner vorbehalten), gilt als aufwendigste und prestigeträchtigste Methode. Sie ist obligatorisch für Champagner und wird auch für hochwertige Crémants, Cava und deutsche Winzersekte verwendet.
Die Tirage
Der Grundwein wird mit einer Mischung aus Zucker und Hefe, der sogenannten Liqueur de Tirage, versetzt und in Flaschen abgefüllt. Die Flaschen werden mit einem Kronkorken verschlossen. Jeder Flasche werden etwa 24 Gramm Zucker pro Liter zugesetzt, was später etwa 6 bar Druck und zusätzliche 1,2-1,3% Alkohol ergibt.
Die zweite Gärung
In der verschlossenen Flasche beginnt die Hefe, den zugesetzten Zucker zu vergären. Dabei entstehen Alkohol und Kohlendioxid. Da das CO2 nicht entweichen kann, löst es sich im Wein und erzeugt das charakteristische Prickeln. Die Gärung dauert etwa sechs bis acht Wochen.
Hefelagerung (Sur Lie)
Nach der Gärung bleibt der Schaumwein auf der Hefe liegen. Diese Reifezeit ist entscheidend für die Qualität. Die absterbenden Hefezellen setzen Aminosäuren und andere Verbindungen frei (Autolyse), die dem Wein komplexe Aromen von Brioche, Toast und Biskuit verleihen.
Die Mindestlagerzeit variiert:
- Champagner Non-Vintage: mindestens 15 Monate (viele Häuser lagern deutlich länger)
- Champagner Vintage: mindestens 3 Jahre
- Crémant: mindestens 9 Monate
- Cava: mindestens 9 Monate (Reserva 15 Monate, Gran Reserva 30 Monate)
Rütteln (Remuage)
Nach der Hefelagerung muss die Hefe aus der Flasche entfernt werden. Dazu werden die Flaschen langsam gedreht und in eine Kopfüberstellung gebracht, sodass sich die Hefe im Flaschenhals sammelt. Traditionell geschieht dies von Hand auf Rüttelpulten - ein erfahrener Rüttler dreht bis zu 40.000 Flaschen pro Tag. Heute übernehmen meist Gyropaletten diese Aufgabe automatisiert.
Degorgieren
Der Flaschenhals wird in ein Kältebad getaucht, sodass die Hefe zu einem Pfropfen gefriert. Beim Öffnen der Flasche schießt dieser Hefepfropfen durch den Druck heraus. Der Wein selbst bleibt klar.
Dosage
Nach dem Degorgieren wird die Flasche mit der Versanddosage (Liqueur d'Expedition) aufgefüllt - einer Mischung aus Wein und Zucker. Die Zuckermenge bestimmt den Süßegrad des fertigen Schaumweins:
- Brut Nature/Zéro Dosage: 0-3 g/l
- Extra Brut: 0-6 g/l
- Brut: 0-12 g/l
- Extra Dry/Extra Sec: 12-17 g/l
- Dry/Sec: 17-32 g/l
- Demi-Sec: 32-50 g/l
- Doux: über 50 g/l
Verschließen und Reifen
Die Flasche wird mit einem Champagnerkorken und Agraffe (Drahtkorb) verschlossen. Viele Erzeuger lassen den Schaumwein nach dem Degorgieren noch einige Monate ruhen, damit sich die Dosage integrieren kann.
2. Transvasierverfahren
Das Transvasierverfahren kombiniert Flaschengärung mit industrieller Effizienz. Wie bei der traditionellen Methode erfolgt die Zweitgärung in der Flasche. Statt jedoch jede Flasche einzeln zu degorgieren, wird der Inhalt aller Flaschen in einen Drucktank überführt, dort filtriert, dosiert und in neue Flaschen abgefüllt.
Diese Methode ist weniger arbeitsintensiv als die traditionelle Flaschengärung, ermöglicht aber dennoch die Komplexität der Hefelagerung. Sie wird oft für größere Flaschenformate verwendet, da das manuelle Rütteln von Magnumflaschen oder größer sehr aufwendig ist.
3. Tankgärung (Méthode Charmat)
Die Tankgärung, auch Méthode Charmat oder Méthode Italienne genannt, ist die bevorzugte Methode für fruchtige, aromatische Schaumweine wie Prosecco. Die zweite Gärung findet nicht in der Flasche, sondern in großen Drucktanks statt.
Der Prozess
Der Grundwein wird zusammen mit Zucker und Hefe in einen Drucktank gegeben. Die Gärung dauert typischerweise nur wenige Wochen. Anschließend wird der Wein filtriert, dosiert und unter Druck in Flaschen abgefüllt.
Vor- und Nachteile
Die Tankgärung ist schneller und kostengünstiger als die Flaschengärung. Sie eignet sich besonders für Rebsorten mit ausgeprägtem Sortencharakter wie Muskateller oder Glera (Prosecco), da die kurze Hefestandzeit die primären Fruchtaromen bewahrt. Die typischen Hefenoten der Flaschengärung (Brioche, Toast) fehlen jedoch.
4. Méthode Ancestrale
Die älteste Methode der Schaumweinherstellung erlebt derzeit eine Renaissance. Bei der Méthode Ancestrale wird die erste Gärung unterbrochen, der halbvergorene Wein in Flaschen gefüllt, wo er zu Ende gärt.
Das Ergebnis sind oft leicht trübe, rustikale Schaumweine mit niedrigerem Alkoholgehalt und Restsüße. Die französischen Pét-Nats (Pétillant Naturel) haben diese Methode wieder populär gemacht.
5. Karbonisierung
Bei der einfachsten und billigsten Methode wird stillem Wein industriell Kohlensäure zugesetzt - wie bei Limonade. Die Perlage ist grob und flüchtig. Diese Methode wird nur für sehr einfache Schaumweine verwendet und muss nicht deklariert werden.
Rebsorten für Schaumwein
Champagner
In der Champagne sind nur drei Hauptsorten zugelassen: Chardonnay (weiß), Pinot Noir und Pinot Meunier (beide rot). Ein Blanc de Blancs besteht ausschließlich aus Chardonnay, ein Blanc de Noirs aus den roten Sorten.
Cava
Der spanische Schaumwein wird traditionell aus Macabeo, Parellada und Xarel-lo bereitet, zunehmend auch mit Chardonnay.
Prosecco
Muss mindestens 85% Glera enthalten. Diese Sorte liefert die typischen Aromen von Birne und weißen Blüten.
Deutscher Sekt
Riesling-Sekt gilt als Spezialität, aber auch Burgundersorten und andere werden verwendet. Winzersekt nach traditioneller Flaschengärung erlebt einen Aufschwung.
Qualitätsmerkmale
Die Perlage
Feine, anhaltende Perlen sind ein Zeichen von Qualität. Sie entstehen durch lange Hefelagerung und langsame Entwicklung. Grobe, schnell aufsteigende Blasen deuten auf einfachere Herstellungsmethoden hin.
Der Schaum (Mousse)
Ein cremiger, feiner Schaum, der lange anhält, ist das Markenzeichen großer Schaumweine.
Die Komplexität
Hefenoten wie Brioche, Toast und Mandeln zeigen lange Hefelagerung an. Fruchtaromen sollten präsent, aber integriert sein.
Fazit
Die Schaumweinherstellung ist ein faszinierendes Handwerk, das von einfacher Tankgärung bis zur monatelangen Flaschengärung reicht. Jede Methode hat ihre Berechtigung und bringt charakteristische Weine hervor. Ob Sie einen frischen Prosecco für den Aperitif oder einen gereiften Champagner für besondere Anlässe bevorzugen - das Verständnis der Herstellungsmethoden hilft Ihnen, den richtigen Schaumwein für jeden Moment zu finden.